Wölfin einfach abgeknallt

Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, nun also ist er erbracht! Lausitzer Jäger feuern ungeniert aus allen Rohren auf die Wölfe und konterkarieren so eines der mutigsten Naturschutzprojekte in der ganzen Bundesrepublik, die Wiederansiedlung eines von Menschenhand ausgerotteten Raubwildes. Nun bedarf es auch keiner Phantasie mehr, sich vorzustellen, wo all’ die anderen, spurlos verschwundenen Jungwölfe abgeblieben sind. Alle tot ! Da bleibt nur ein dreifaches, donnerndes Horrido auf das edle, deutsche Waidwerk !!

Man will es kaum begreifen. Aus reinem Jagdneid verbringen die Jäger Nächte auf den Hochsitzen, um Isegrim an’s Fell zu gehen, denn er könnte ja ein Reh oder einen Hirsch fressen, den der Waidmann für sich reserviert hat. In ihrem Zorn auf die Wölfe vergessen die Jäger auch alles, was sie sonst unter dem Begriff „Waidgerechtigkeit“ wie eine Monstranz vor sich hertragen. Nicht einmal nachgesucht wird, wenn man bei Nacht und Nebel das Feuer auf den unerwünschten Heimkehrer eröffnet hat. Soll er doch elendiglich verreckten, etwas Besseres hat er offenbar nicht verdient. Und bei nächster Gelegenheit heißt es dann wieder weihevoll, Jagd sei angewandter Naturschutz. Man möchte ausspeien ! Nie habe ich mich nach 44 Jahren als passionierter Jäger derart für meine „Waidgenossen“ geschämt.

Nun kann man natürlich Strafanzeige gegen Unbekannt stellen. Nachweisen lässt sich dem stolzen Erleger sein „Jagdglück“ aber kaum. Gleichwohl muss alles daran gesetzt werden, den Schützen zu ermitteln, denn es handelt sich um alles andere als um ein Kavalierdelikt.

Dabei müsste eine Gruppe ein besonderes Interesse daran haben, dass der Frevel aufgeklärt wird, nämlich die Jägerschaft selbst. Solange man nicht weiß, wer es war, stehen alle Jäger unter Generalverdacht. Jeder kann es gewesen sein, zumindest in 10 Kilometer Umkreis um den Fundort. Eine Situation gegenseitiger Verdächtigung aber ist ein unerträglicher Zustand.

Ein Wolf mit einem Schuss im Bauch, Jäger nennen dies „waidwund“, geht höchstens noch ein paar Kilometer. Es machte also keine Mühe, die in Frage kommenden Revierinhaber und deren Jagdhelfer zusammenzutrommeln und so lange Druck auszuüben, bis der Täter „die Hosen herunterlässt“. Dies wäre die Stunde verantwortungsvoller Kreisjägermeister, denn zumindest diesen müsste klar sein, dass hier der Ruf der Jägerschaft – und zwar nachhaltig – auf dem Spiel steht. Straftaten dürfen hier nicht geduldet werden.

Jäger sind bekanntlich gesellige Leute, man kennt sich, sitzt nach der Jagd zusammen und tauscht sich aus. Hinzu kommt, dass sich Jäger gerne ihrer Heldentaten rühmen und spätestens am Fuße der dritten oder vierten Flasche Bier kommt alles heraus. Ich bin der festen Überzeugung, dass der Wolfsschütze bereits geplaudert hat und in Form einer falsch verstandenen Kameraderie gedeckt wird. Das aber ist nun wirklich der falsche Weg. Ihn zur Anzeige zu bringen hat nichts mit Denunziation zu tun, sondern ist ein unerlässlicher Schritt zum Erhalt der Glaubwürdigkeit der Jäger schlechthin.

Sollte nicht binnen kurzem bekannt werden, wer den Wolf geschossen hat, müssen sich die Jäger nicht wundern, wenn sie nicht mehr akzeptiert werden. Die Gesellschaft wird zu Recht sagen, dass die Jäger offensichtlich ein Haufen verlogener Strauchdiebe sind, die ernsthaft glauben, ihrem Wochenendvergnügen außerhalb von Recht und Gesetz frönen zu können. So sägt man den Ast ab, auf dem man sitzt.

Sebastian Freiherr v. Rotenhan
Bohsdorfer Weg 1
03130 Reuthen

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